Geheimprojekt „Whale Tail“: Als die U-2 für die CIA vom Flugzeugträger abhob (2024)

Nach dem berühmten Abschuss der Lockheed U-2 von Gary Powers über Swerdlowsk am 1. Mai 1960 taten sich die USA schwer, geeignete Basen für weitere, meist über Asien führende Spionageflüge zu finden. Viele Nationen verweigerten entsprechende Genehmigungen. Für einen flexiblen Einsatz ohne diplomatisches Hickhack und neugierige Beobachter am Boden gab es nur eine Lösung: den Einsatz von Flugzeugträgern aus. Damit war das Projekt "Whale Tail" geboren.

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Erster Geheim-Start

Mit ihrer enormen Spannweite und den besonderen Flugeigenschaften ist die U-2 alles andere als ein geeignetes Trägerflugzeug. Davon ließen sich die CIA und die Skunk-Works-Abteilung jedoch nicht abhalten. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion flog eine unmodifizierte U-2C (Article 352, zivile Tarnkennung N315X) der CIA am 4. August 1963 zur Naval Air Station North Island bei San Diego. Von dort aus hievte sie ein Kran an Deck des Flugzeugträgers USS Kitty Hawk (CV-63). Noch in derselben Nacht lief der Carrier mit der besonderen Fracht an Bord aus.

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Lockheed/USAF

Trotz ihrer enormen Spannweite passte die U-2 ins Hangardeck der Kitty Hawk.

Beinah-Katastrophe beim Anflug

Da die Struktur des Spionageflugzeugs keinen Katapultstart verkraften konnte, stand ein Start aus eigener Kraft auf dem Programm. Mit entsprechendem Gegenwind kein Problem für die U-2 mit ihrer Spannweite von 24 Metern. So hob der ehemalige Trägerpilot Bob Schumacher nach einer Strecke von 98 Metern vom knapp 324 Meter langen Flugdeck der Kitty Hawk ab. Damit war der einfachere Teil geschafft. Nun musste er einige Probeanflüge durchführen. Eine Landung kam nicht infrage, da der Jet noch nicht über einen Fanghaken verfügte. Beim dritten Approach setzte Schumacher so hart auf, dass sein Flugzeug ins Springen geriet. Die rechte Flügelspitze nahm unsanft Kontakt mit dem Flugdeck auf, und nur mit viel Mühe konnte der Pilot die U-2 wieder in die Luft bringen. Nach einem letzten Überflug kehrte die "Dragon Lady" an Land zurück.

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Lockheed/USAF

Natürlich musste die U-2G einen Fanghaken bekommen.

Modifikationen nötig

Für einen echten Flugzeugträger-Einsatz waren aber einige Modifikationen nötig. Unter strenger Geheimhaltung modifizierte Lockheed zwei Maschinen mit einem Fanghaken vor dem Heckfahrwerk. Außerdem sollten Spoiler auf der Tragfläche und eine auf 45 Grad vergrößerte Klappenstellung für einen einfacheren Landeanflug sorgen. Das Duo erhielt die Bezeichnung U-2G.

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Lockheed/USAF

Die ersten Hakenlandungen gelangen im Frühjahr 1963 auf der USS Ranger.

Premiere auf der USS Ranger

Für die Piloten schuf die CIA das "Detachment G". Sie trainierten zunächst auf einem abgelegenen Teil der Edwards Air Force Base und erhielten bei der US Navy eine Carrier-Schulung auf der T-2 Buckeye. Im Januar 1964 erfolgte die erste Hakenlandung auf dem Nordteil von Edwards. Dazu installierten die Techniker ein komplettes Landesystem der Navy. Ans Eingemachte ging es dann am 29. Februar 1964, als Bob Schumacher mit einer U-2G (N808X) Kurs auf die USS Ranger (CV-61) nahm. Der Flugzeugträger kreuzte vor der südkalifornischen Küste. Nach dem dritten Übungsanflug fuhr Schumacher den Haken aus. Allerdings war er zu hoch und zu schnell. Trotzdem griff der Haken ein Fangseil, und das Spionageflugzeug setzte mit der Nase zuerst auf. Nach einer behelfsmäßigen Reparatur konnte er am nächsten Tag nach Burbank zurückkehren. Nach einigen Modifikationen kehrte er am 2. März zum Träger zurück und absolvierte fünf Hakenlandungen ohne größere Probleme.

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Einsatz über Mururoa

Die Einsatzpiloten hatten teilweise weniger Glück. Bei einer Landung flog die U-2G zu langsam an und krachte aufgrund eines Strömungsabrisses auf das Deck. Dabei wurde die rechte Tragfläche beschädigt. Beim anschließenden Durchstartmanöver verfehlte die Maschine die Insel des Trägers nur knapp. Trotzdem begann im Mai 1964 der erste Einsatz. In einer Top-Secret-Mission mit dem Namen "Operation Fishhawk" machte sich die USS Ranger in Richtung Mururoa-Atoll auf, um ein Auge auf das französische Atom-Test-Gelände zu werfen. An Bord befand sich neben einer reduzierten Besatzung eine komplette Foto-Auswertungsstation für die U-2. Der ganze Verband hatte strikte Funkstille zu bewahren – für ganze drei Wochen. Schließlich landeten die zwei U-2G vom Festland kommen auf der CV-61. Am 19. Mai startete eine davon zum ersten scharfen Einsatz. Einige Tage später erfolgte ein zweiter Flug. Mit den Ergebnissen war die CIA zufrieden, aber der US Navy stieß das Ausleihen ihres Flugzeugträgers sauer auf.

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Lockheed/USAF

Der hohe Auftrieb der großen Tragfläche machten den Piloten bei der Landung besonders zu schaffen.

Einsatz im Mittleren Osten?

Obwohl drei weitere U-2 umgerüstet wurden, gab es zunächst keine Einsätze mehr. Die Piloten übten weiter in Edwards, bis am 26. April 1965 Buster Edens bei einem Anflug ins Trudeln geriet und abstürzte. Er kam bei dem Unfall ums Leben, doch das Training ging weiter. Während der Spannungen im Mittleren Osten im Jahr 1967 liefen die Vorbereitungen zum Einsatz einer U-2G in Verbindung mit der USS Saratoga. Obwohl eine Maschine in Großbritannien bereits stand, blies man die Mission ab. Doch damit war die Geschichte der U-2 auf den Decks der Navy-Carrier noch nicht zu Ende.

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Lockheed/USAF

Die U-2R ließ sich etwas einfacher auf einem Flugzeugträger landen als die Vorgängerversion.

Neue Version

Die neue und verbesserte Version U-2R hatte bereits ab Werk einige Modifikationen zu bieten, die den Träger-Einsatz zumindest etwas vereinfachten. Dazu zählten eine Variante des J75-Triebwerks mit besserem Ansprechverhalten und die Klappenstellung von 50 Grad. Die äußeren Flügelsegmente ließen sich anklappen, damit das Fluggerät in den Aufzug passte. Die ersten Versuche mit der U-2R erfolgten auf der USS America (CV-66) am 21. November 1969 und dienten auch zur Qualifikation der CIA-Piloten. Aber der Widerstand der US Navy wuchs, sodass es zu keinen weiteren Einsätzen mehr kam. Lediglich einmal gab es noch eine Trägerqualifikation – im Juli 1970 auf der USS Kitty Hawk. Im Jahr 1974 löste die CIA das Detachment G endgültig auf und übergab die verbliebenen Maschinen an die US Air Force. Die letzten zwei U-2G waren zuvor schon in die Obhut der NASA gekommen. Sie flogen noch bis 1987 beziehungsweise 1989.

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NASA

Die letzten zwei U-2G flogen später als Forschungsflugzeuge bei der NASA.

Übersicht: Die fünf U-2G

Wohl aus Tarngründen erhielten die U-2 bei Lockheed eine "Artikelnummer":

Article 348 (56-6681): flog zeitweise mit der zivilen Kennung N801X und kam 1971 zur NASA als N708NA. Im August 1987 außer Dienst gestellt und heute im Moffett Field Museum ausgestellt

Article 349 (56-6682): wurde im August 1965 als Ersatz für die abgestürzte 362 zur U-2G umgerüstet und kam 1971 als N709NA zur NASA. Im April 1989 ausgemustert und heute im Museum of Aviation in Warner Robins, Georgia, ausgestellt.

Article 362 (56-6695): bei einem Einsatz über China am 7. Juli 1964 abgeschossen (keine Träger-Mission)

Article 382 (56-6715): am 26. April 1965 in Edwards abgestürzt.

Article 385 (56-6718): am 5. Januar 1969 bei einem Einsatz über Asien abgestürzt (keine Träger-Mission)

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Patrick Hoeveler

Redakteur

Schon früh hat ihn die Faszination Luftfahrt gepackt und bis heute nicht mehr losgelassen. Nach 15 Jahren als Print-Redakteur bei der FLUG REVUE geht es nun online auf die Suche nach spannenden Themen.

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